Ohne den Waal gabs keinen Apfel. 600 Jahre ist das in Kuens nun her.
So jetzt ist es fix! Die Tourenski stehen seit letztem Wochenende endgültig im Keller. Bergschuhe abgestaubt. Die Wandersaison beginnt. Ausschlaggebend dafür sind eine Menge Frühlingsgefühle. Hört ihr die Vögel zwitschern? Naja, eigentlich ist neuerdings ein Kuckuck schon um 5:00 Uhr im Weckmodus. Aber auch daran werde ich mich gewöhnen. Mit der Sonne morgens aufstehen und raus in die Natur – klingt fast schon nach Urlaub! Augen auf, denn im Moment bietet Dorf Tirol ganz viel Frühlingsblüte. Egal wie hart der Winter auch war – Mitte April ist Blütezeit und die Apfelwiesen zeigen sich von ihrer schönsten Seite. Zarte rosa Blüten, liebliche Düfte und das leise Summen der fleißigen Bienchen. Grund genug euch mal aus dem Alltag daheim abzuholen. Raus in die Natur…
Meine liebste Frühlingstour. Schnell mal loslaufen, wenig Anstrengung aber dafür ein richtiger gute Laune Booster.
Der Kuenser Waalweg
Los geht’s über den Weinweg. Warum? Der unschlagbare Weitblick ins Tal, auf den Berg, zum Schloss – einmal rundherum. Abschalten ist in diesem Moment ganz einfach. Von Doss (Aussichtspunkt zum Schloss, wert kennt diese Selfie-Haltestelle nicht!) starten wir auf den Apfelweg in Richtung Lutzweg und kommen auch schon an meinem ganz persönlichen Kraftplatz im Dorf an. Die Tschafoier Mühle. Kurz innehalten, dem Rauschen der Bächlein lauschen und den Weitblick geniessen.
Aber wir wollten ja weiter zum Tiroler Kreuz und durch den Wald auf einfachem Forstweg in Richtung Longfall und dann zum Einstieg des Kuenser Waalweges und genau das ist das Herzstück der heutigen Tour. Denn ohne Waal gabs früher keinen Apfel. Das wusste man schon vor über 600 Jahren. Als der 1,7km lange Kuenser Waalweg in mühsamer Handarbeit angelegt wurde. Wasserleitung gabs damals logisch noch keine und daher war die Versorgung mit Trinkwasser und die Bewässerung der Felder ursprünglich die wichtigste Funktion des Waales.
Zum Waal
Waale sind künstlich angelegte Wasserkanäle die zur Bewässerung der Obstwiesen und Weinberge dienen. Der Kuenser Waalweg ist jedoch einer der wenigen naturbelassenen und nicht betonierten Waale. Die wenigen und unregelmäßigen Niederschläge rund um Meran zwangen die Bauern erfinderisch zu werden. Das Wasser wird aus den Bächen höher gelegener Täler abgeleitet. Der Name kommt übrigens vom lateinischen „acquale“. Ursprünglich diente der Weg am Wasser nur dem Waaler – also dem Hüter des Waals, der für die Wartung sorgte und die genau eingeteilten „Roaden“ überwacht. Das sind übrigens die Wasserstunden, die den Bauern das Recht geben, eine bestimmte Wassermenge für eine bestimmte Zeit aus dem Waal zu entnehmen. Wer gut aufpasst sieht auch da und dort eine Wasserschelle, diese kontrolliert durch regelmäßiges Klopfen den gleichmäßigen Fluss des Wassers. Ein Waal muss übrigens ein Gefälle von 0,5 bis 2% aufweisen damit sich kein Schlamm darin ablagert. Gut für alle Wanderer unter uns, denn dies macht ihn heute zum entspannten und belieben Wanderweg in unseren Lagen.
… weiter auf dem Waalweg nach Kuens
Fröhlich plätschert das Wasser neben uns dahin. Jeder Waal hat seine eigene Musik. Egal zu welcher Jahreszeit oder bei welchem Wetter. Für geduldige Beobachter ist der Waalweg ein wahres Naturschauspiel. Der Feuersalamander sonnt sich an der heißen Natursteinmauer, die kleine Bachforelle schwimmt stromaufwärts im kühlenden Wasser und mit etwas Glück zischt die Natter am Bach entlang. Aber keine Sorge, die hat mehr Angst vor euch wie umgekehrt. Und schon sind wir am Ende des Waalweges und oberhalb von Kuens angekommen. Apfelplantagen werden jetzt wieder unsere Begleiter nach Dorf Tirol zurück.
Und wäre da nicht das „Waalwosser“ dann hätten wir heute nicht so viele blühende Apfelwiesen um uns. Ein Kulturgut, das uns heute kleine, aber unbezahlbare Auszeiten vom Alltag bietet.
Beim nächsten Südtirolurlaub solltet ihr auf jeden Fall einen Waalweg einplanen und die Tipps dafür bekommt ihr von mir persönlich.
Eure Isabel
Nebenbei: die Geschichte der Waale im Vinschgau ist noch beeindruckender. Viele der zahlreichen Waale wurden zu beliebten Spazierwegen, gar Klettersteigen wie der Hoachwool oberhalb von Naturns.